Eine
Zusammenfassung
Bei der Suche nach praktikablen Modellen, die
geeignet erscheinen, eine Neuorganisation von Kunst im öffentlichen Raum
nachhaltig zu fördern, überzeugt das Modell der Münchner "Kommission
für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum" nicht nur durch die sichtbaren
Ergebnisse .
Die Kommission wurde Mitte der 80er Jahre auf
Empfehlung der Bau- und Kulturverwaltung mit dem Ziel eingerichtet, für
Fragen zu Kunst am Bau "ein unabhängiges Beratungsgremium zu schaffen,
das mehrheitlich mit erfahrenen und anerkannten Kunstfachleuten - in erster
Linie Künstlerinnen und Künstlern - besetzt ist."*
Öffentlicher
Raum - politischer Raum: Verantwortung übernehmen
Offensichtlich wurde in München
früh die Notwendigkeit erkannt, Kunst am Bau und im öffentlichen Raum innerhalb
einer Struktur verantwortungsvoll und mit qualifiziertem Überblick zu organisieren,
anstatt öffentliche Gelder wahllos zu streuen. Hier beginnt das bewußte Umgehen
mit dem öffentlichen Raum, der mit Sorgfalt durch qualifiziertes, demokratisches
Handeln als kulturelle und politische Schnittstelle erarbeitet werden muß:
"Dem Stadtrat war es wichtig, mit
der Kommission ein kompetentes und von Verwaltungsstrukturen unabhängiges
Beratungsgremium zu schaffen, das sich in seinen Erwägungen in erster Linie
von künstlerischen Erwägungen leiten läßt. Weder Bau- und Kulturverwaltung
noch Nutzer oder Bezirksausschüsse stellen daher Vertreter in der Kommission."
Demokratie
als Auftraggeber: Künstlerische Kompetenz und Diskussionsbereitschaft
Gleichzeitig entspringt diese
Idee in positiver Weise einer richtigen Einschätzung sowohl der eigenen Kompetenzen
als auch der daraus resultierenden Leistungsfähigkeit: "Die Kommission
soll sicherstellen, daß im öffentlichen Bereich ausschließlich künstlerische
Qualität berücksichtigt wird. Dieses Ziel wird nach Auffassung des Münchner
Stadtrates am Besten im fachlichen Diskurs qualifizierter Kunstsachverständiger
erreicht." In Konsequenz werden daher die ProduzentInnen, also die KünstlerInnen
selbst, zum engsten Kern der Fachkompetenz gezählt. Sie bewegen sich von
Berufs wegen an der Spitze des aktuellen Diskurses und stellen folgerichtig
die Mehrheit in der Kunstkommission, die sich wie folgt zusammensetzt:
5 KünstlerInnen
1 Kunsttheoretiker/-in
1 unabhängige/r, freischaffende/r ArchitektIn
der/ die jeweils planende Architekt/-in
3 Stadtratsmitglieder aus dem Kulturausschuss
Die Position der Künstlerschaft in der Kommission überträgt
ihr nicht nur die Möglichkeit, couragierte und kontrovers diskutierte Projekte
zu platzieren. Gleichzeitig wird ein erhöhtes Verantwortungsbewußtsein für
den öffentlichen Raum und seine politischen Implikationen eingefordert und
KünstlerInnen als gleichberechtigte Partner im Rahmen gesellschaftlicher Entscheidungsfindungsprozesse
in die Pflicht genommen.
Auch bei der Auswahl der KünstlerInnen wird nach Möglichkeit jeglichem Lobbyismus
entgegengesteuert:
"Die Zusammensetzung (der Kommission) entsprach zwar von Anfang
an dem Prinzip der Künstlermehrheit, es wurden aber ursprünglich in erster
Linie Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und Institutionen berücksichtigt.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Künstlerschaft werden heute nur noch unabhängige
KünstlerInnen berufen, die niemandem verpflichtet sind und sich damit auf
eine objektive und sachkundige Arbeit konzentrieren können(...)"
KünstlerInnen, die Mitglieder der Kommission sind, sind
für den Zeitraum ihrer Mitgliedschaft von öffentlichen Aufträgen ausgenommen.
Gleichzeitig kontrolliert die Kommission, daß nicht stets dieselben KünstlerInnen
eingeladen werden. Jede/r KünstlerIn darf gleichzeitig nur an einem laufenden
Wettbewerb beteiligt sein.
Desweiteren: "Bei den Stadtratsmitgliedern der Kommission handelt es
sich um kompetente VertreterInnen des Kulturausschusses, die dem Gremium mit
Sachkenntnis, aber auch mit der nötigen Distanz und politischer Erfahrung
beratend zu Seite stehen. Durch sie ist außerdem die Information über die
kulturellen Intentionen und Gesamtaktivitäten der Stadt gewährleistet. Weiterhin
erübrigt sich durch diese Einbindung des Stadtrates eine Bestätigung der Kommissionsempfehlung
in Stadtratsausschüssen."
Kompetenz,
Innovation, Erneuerung: Breites Spektrum und Courage
Die Mitglieder der Kommission werden alle 3 Jahre neu gewählt.
"Fachkompetenz, Erfahrung und Diskussionsbereitschaft sind Voraussetzungen
für ein derartiges Amt. Weiterhin sollte ein breites Spektrum an künstlerische
Haltungen vertreten sein. Daß Künstlerinnen und Künstler gleichermaßen berücksichtigt
werden, ist eine Selbstverständlichkeit.(...) Gerade auch jüngere Mitglieder
bringen spannende, innovative Impulse ein."
Der Zuständigkeitsbereich der Kommission erlaubt den Aufbau einer weit
vernetzten Struktur im öffentlichen Raum genauso wie die couragierte Unterstützung
von innovativen Projekten. Sie muß bei allen städtischen Bauvorhaben befragt
werden. Gleichzeitig steht sie für Anfragen privater Investoren bzw. Kunst
am Bau-Vorhaben der Privatwirtschaft zur Verfügung. Hier wäre eine Verknüpfung
der Frage, wo öffentlicher Raum beginnt mit einer Erweiterung des Tätigkeitsfeldes
der Kommission denkbar.
Bei größeren Projekten wie Stadterweiterungen werden frühzeitig Arbeitsgruppen
gebildet, die neue Strategien suchen und außergewöhnlichen Projektformen strukturell
den Weg ebnen. Statt einer Verwaltung des Budgets wird in aktive Programme
und die Förderung neuer Strukturen investiert. Die Kommission ist weniger
Preisgericht als vielmehr aktiver Partner im Umsetzungsprozeß von Kunst im
öffentlichen Raum. Sie stellt sich selbst mit ihrer Arbeit wiederum der öffentlichen
Kritik.
Im Einzelnen berät die Kommission bei "Bauvorhaben:
-über die jeweils geeigneten künstlerischen Artikulationsformen
-über die möglichen Standorte
-über die Art des Auswahlverfahrens
-über die einzuladenden KünstlerInnen
-über den zu realisierenden Entwurf
-über die Angemessenheit von Honoraren und Ausführungskosten
"Die Nutzer, die planenden Institutionen und das Kulturreferat haben
selbstverständlich das Recht, Vorschläge einzubringen. Die Beurteilung der
künstlerischen Qualität ist jedoch der Kommission vorbehalten.(...) Ihre Empfehlungen
werden in der Regel unmittelbar umgesetzt."
Ehrenamt und Engagement: Neue Wege suchen
Die Mitglieder der Kommission arbeiten ehrenamtlich. Zur
Organisation wurde lediglich eine Stelle im Baureferat eingerichtet, die die
Kommission kompetent organisiert und Anlaufpunkt sowohl für Künstler als auch
Projektleiter ist- kurz: eine ohnehin dringend benötigte, kompetente Schnittstelle
zur Organisation komplexer Projekte im öffentlichen Raum. Sie ist gleichzeitig
Ansprechpartner bei Bauvorhaben, übernimmt die Dokumentation der Projekte,
berät KünstlerInnen bei der Abwicklung, organisiert Fortbildungen und notwendige
Diskussionen, stellt den Kontakt zur Öffentlichkeit her und führt eine KünstlerInnenkartei.
Transparenz und Öffentlichkeit: Aktualität im www.
Besonders positiv fällt das Bemühen um höchste Transparenz
der Kommissionsarbeit auf: seit längerer Zeit werden laufende Wettbewerbe
mit jeweiligem Status Quo, eingeladene KünstlerInnen, kurze Projektskizzen,
Juryprotokolle und Ergebnisse etc. auf der website www.quivid.de der Öffentlichkeit
aktuell zugänglich gemacht. Zusätzlich erscheint monatlich ein newsletter,
der kostenlos erhältlich ist.
Resümee:
Eine Kommission für Düsseldorf
Dieses Modell scheint auch für Düsseldorf vorbildlich geeignet.
Zahlreiche Vorhaben im öffentlichen Raum wurden unter der Federführung der
Kunstkommission München bereits erfolgreich realisiert. Sie konnten in ihrer
Gesamtheit ein breites Spektrum an Diskurs und Diskussion eröffnen und eindrucksvoll
das Potential von Kunst im öffentlichen Raum demonstrieren. Beispielhaft bemüht
man sich, in das tradierte Feld der Kunst am Bau aktuelle Kunstdiskurse einzubringen
und prozesshafte, sozial engagierte Projekte gleichermaßen zu fördern (z.
B. "kunstprojekte_riem" richtet sich an die BewohnerInnen des neuen
Münchner Stadtteils Messestadt Riem).
Die positiven Erfahrungen mit dem Münchner Modell unterstreichen die Forderung
nach einer Kunstkommission für Düsseldorf vehement. Eine Stadt wie Düsseldorf,
die sich gern der örtlichen Kunstprodution als Aushängeschild bedient, sollte
sich die Einrichtung einer solchen Kommission zu einem ihrer ersten Anliegen
machen, um eine sinnvolle und progressive Entwicklung in diesem Bereich einzuleiten.
Der an kurzfristigen Ergebnissen orientierten
Perspektivlosigkeit sollte so eine verantwortungsvolle, demokratischen
Struktur entgegengetellt werden.
*alle Zitate sind
der Broschüre "Kunst für München - was sie schon immer über die Münchner
Kunstkommission und ihre Arbeit wissen wollten..." entnommen